Genauigkeitsbetrachtung der Koordinatentransformation

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steffen
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Genauigkeitsbetrachtung der Koordinatentransformation

Beitrag von steffen » 23. September 2015, 18:47

Verschiedene Anfragen von Nutzern haben ergeben, dass die hier vorgestellten Programme oft mit wenig Hintergrundwissen eingesetzt werden.
Viele Nutzer sind sich nicht darüber im Klaren, welche Genauigkeiten von einer Koordinatentransformation zu erwarten sind.
So wurden schon verschiedentlich "Transformationen" von DHDN_GK nach ETRS98_UTM durch einfache Verschiebungen aller Punkte durchgeführt, was selbst für ein sehr kleines Gebiet allein durch die Verdrehung der Koordinatenreferenzsysteme meist zu katastrophalen Ergebnissen führt.
Beträgt die Verdrehung z.B. 2° so entsteht auf 100m schon eine Abweichung von 3,5 Metern.

Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen hier mal eine kleine (hoffentlich) allgemeinverständliche Abhandlung zur Koordinatentransformation zu veröffentlichen.
Vor allem die Aussagen zur erreichten Genauigkeit sollte sich jeder ganz genau vor Augen führen.

Ein Koordinatenreferenzsystem besteht aus 2 Komponenten:
1) Das Koordinatensystem (GK, UTM, Geo-Koordinaten (Lat/Lon)
2) Das Bezugssystem - das Kartendatum

Die Überführung von einem Koordinatensystem in ein anderes ist eine rein mathematische Operation, welche eindeutig definiert ist.
Diese Umwandlung wird als Konvertierung bezeichnet. Da hier genau definierte Formeln zum Ansatz kommen, gibt es keine Genauigkeitsprobleme.
Beispiele für eine solche Konvertierung sind z.B. der Wechsel des Merdianstreifens (Mittelmeridian) oder die Umwandlung von auf die Ebene projizierten Koordinaten (GK, UTM) in geografische (ellipsoidische) Koordinaten.

Anders sieht es bei der Umsetzung des Bezugssystems - des Kartendatums aus.
Hier gibt es keine einfachen Rechenvorschriften. Die Transformation erfolgt über Passpunkte, welche je nach Anzahl und räumlicher Verteilung unterschiedliche Parametersätze ergibt.
Ein häufig verwendetes Verfahren ist die 7-Parametertransformation. In Abhängigkeit der Größe des Transformationsgebietes (Gebiet mit einem einheitlichen Transformationsansatz) werden unterschiedliche Genauigkeiten erreicht.
So erreicht die deutschlandweite Umsetzung von DHDN nach ETRS89 eine Genauigkeit von < 3m. Regionale Ansätze z.B. Sachsen RD83 nach ETRS89 erreichen eine Genauigkeit von < 1m.
Man kann also leicht erkennen, dass eine einfache Transformation nur für kleinmaßstäbige Betrachtungen geeignet ist.
Die Transformation eines Lageplans oder eine Liegenschaftskarte mit einem bundesweiten Transformationsansatz kann somit zu keinem genauen Ergebnis führen.
Um auch großmaßstäbige Karten lagegenau zu transformieren zu können, muss entweder eine geeignete Anzahl Passpunkten für ein kleines Gebiet zur Verfügung stehen oder es muss auf andere Transformationsverfahren zurückgegriffen werden.

Ein weit verbreitetes Transformationsverfahren ist der gitterbasierte NTv2-Ansatz. Hier werden abhängig von der Gittergröße auch für große Transformationsgebiete genaue Ergebnisse erreicht.
Beispiele hierfür sind die deutschlandweit gültige BeTA2007, welche für die Transformation von DHDN nach ETRS89 Genauigkeiten <1m erreicht.
Regionale Ansätze wie die NTv2_SN für Sachsen erreichen Genauigkeiten von < 3cm. Viele Bundesländer stellen solche Ansätze zur Verfügung mit welchen dann auch die Transformation des Liegenschaftskatasters erfolgt.

Was ergibt das nun für die Nutzung der hier vorgestellten Programme?
KooTransSN:
Dieses Programm ist für Sachsen (bzw. Ostdeutschland) definiert und dient nur zur Transformation von RD83 nach ETRS89. Die sächsische NTv2_SN ist bereits in das Programm integriert, so dass für Sachsen Genauigkeiten von < 3cm erreicht werden.

GeoTKF
Mit diesem Programm sind sowohl mehrere integrierte 7 Parametertransformationen mit fest eingestellten Transformationssätzen, also auch Transformationen unter Einbeziehung von beliebigen NTv2 Dateien möglich.
Die dabei erreichten Genauigkeiten sind somit recht unterschiedlich. Besonders wichtig ist hierbei die genaue Kenntnis des Kartendatums.
Die Auswahl des falschen Datums für die 7-Parametertransformation bzw. die Nutzung einer falschen NTv2-Datei führen unweigerlich zu falschen Ergebnissen.
Der Anwender muss also überlegen, welche Genauigkeitsforderungen er an die Transformation stellt.
Transformationen von Liegenschaftskarten bzw. Lageplänen ohne Einbeziehung von regionalen NTv2-Dateien erscheinen prinzipiell nicht zielführend, da hierbei ein erheblicher Genauigkeitsverlust auftritt.

GPSKonv
Dieses Programm ist nur für die Nutzung einfacher GPS-Daten mit Sub-Meter Genauigkeit konzipiert. Dabei wird nur ein einheitlicher Transformationssatz verwendet, welcher für DHDN/RD83/PD83 bzw. ETRS89 geeignet ist.
Optimal einsetzbar ist das Programm somit für die Umsetzung von Einzelpunkten oder GPS-Tracks von Fotoapparaten, Handys, GPS-Uhren und einfachen Hand-GPS-Geräten.
Gruß Steffen